Pia Gabrielly
Nele und der neue Goethe
Liebeswahn trifft Don Juan
Roman
Impressum
Nele und der neue Goethe - Liebeswahn trifft Don Juan
1. Auflage 2022
© 2022 Pia Gabrielly
c/o Petra Ihm-Fahle
Lessingstr. 1
61231 Bad Nauheim
Kontakt: piagab@t-online.de
https://piagabrielly.blogspot.com
Lektorat: Margit Seibel
Dank: an Ursula Luise Link für hilfreiche Tipps
Cover: Pia Gabrielly mit Canva
Buchsatz: Pia Gabrielly
Herstellung: Wir machen Druck GmbH, Backnang
Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ohne Zustimmung der Autorin ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung. Die Handlungen und alle handelnden Protagonisten sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden oder toten Personen wäre rein zufällig. Real sind der Name der Buchhandlung Saeng (1871-1976, Darmstadt) und der Lehrer Johann Schmitt (1815-1893).
1. Kapitel
Als Nele eines Vormittags zur Stadtbücherei in Lindenburg ging, wusste sie nicht, dass sie fünf Minuten später dem vermeintlichen Mann ihres Lebens gegenüberstünde – und damit einem der größten Rätsel, die sie je zu lösen hatte.
Während sie über den Linda-Platz eilte, zog sie die Einladungskarte zur Lesung hervor, um die Programmpunkte zu überfliegen.
Begrüßung
Musik
Joseph Brinkmann liest
Musik
Frühstücksbuffet
„Das wird wohl zwei Stunden dauern“, schätzte sie. Mit kurzen Schritten ging sie weiter auf die Stadtbücherei zu, die idyllisch über der Linda lag. Unterwegs grüßte eine Kundin.
„Hallo, Frau Damai, das Buch war toll!“
„Danke, das freut mich“, lachte Nele zurück.
Sie war Angestellte bei „Ludwig Saeng Nachfolger“, der größten Buchhandlung der Stadt, die am Linda-Platz gleich in der Nähe der Bücherei lag.
Ihr Handy brummte, sie warf einen Blick hinein.
Es war eine Nachricht vom „Romantik-König“ Richie King. „Göttlich, liebe Frau Damai! Ich bin begeistert von Ihrer Besprechung meines neuen Romans“, schrieb er.
Schon lange betreute Nele den Newsletter der Buchhandlung. Sie hatte daraus den deutschlandweit größten Buchblog mit 25 000 Followern gemacht. Ob Krimi, Fantasy, Historisches oder Reiseliteratur, sie las sehr viel und schrieb rund ums Thema.
Manchmal hatte sie bei „Saeng“ auch zur Aushilfe gejobbt und Kunden bedient. Seit der Trennung von ihrem Mann Amal, die noch ganz frisch war, hatte sie zusätzlich zu dem Newsletter eine Halbtagsstelle als Buchhändlerin im Laden.
Bevor sie die Stadtbücherei betrat, ein Gebäude aus Glasfassaden und Stahlrahmen, warf sie einen prüfenden Blick auf ihr Spiegelbild in einer Scheibe.
„Schick, Frau Damai. Haben Sie einen neuen Haarschnitt? Waren Sie im Urlaub? Sie sind so toll braungebrannt“, tönte es neben ihr. Sie drehte sich um, es war eine Bürgerin aus Lindenburg.
„Ja, ich war beim Friseur und nein, leider nicht im Urlaub, sondern im Solarium.“
„Also, dieses Halblange steht Ihnen. Dazu der Teint und die dunklen Haare. Sie sehen aus wie eine Italienerin. Die Brille ist auch neu, oder? Sehr pfiffig.“
„Herzlichen Dank. Ja, die Brille ist neu“, lächelte Nele.
Seitdem ihr Mann ihr erklärt hatte, ausziehen zu wollen, achtete die 47-Jährige noch mehr auf ihr Aussehen als sonst. Ihre Optik war momentan allerdings das einzige, womit sie zufrieden war. In Nele sah es anders aus, als das gefällige Äußere vermuten ließ, denn ihre Seele war durch die drohende Ehescheidung zutiefst verwundet.
2. Kapitel
Täglich telefonierte Nele mit ihrer Mutter und schüttete ihr das Herz aus. Die Gespräche waren immer gleich und klangen ungefähr so:
„Ich habe monatelang gespürt, dass Amal nicht mehr zufrieden war. Natürlich habe ich versucht, etwas dagegen zu tun. Aber ich hatte ja keine Chance mehr.“
Eine andere Frau war im Spiel, ihrer beider Freundin Rocky, die nun seine alleinige Freundin war, was Nele sehr verletzte. Amal und Rocky bestritten zwar, etwas miteinander zu haben, sie seien nur „beste Freunde“, aber Nele glaubte es nicht.
„Ich hasse Rocky“, schimpfte sie regelmäßig.
„Das ist die doch gar nicht wert“, pflegte ihre Mutter zu erwidern. Doch Nele konnte sich nicht beruhigen.
Sie hatte panische Existenzangst, weil sie sich nicht vorstellen konnte, als Buchhändlerin in Teilzeit ausreichend zu verdienen. Ebenso schlimm fand sie, dass ihre Tochter Sadhana als Scheidungskind großwerden sollte. Nele war immer so stolz auf ihre kleine Bilderbuchfamilie gewesen und nun war es damit vorbei.
Sie war als Scheidungskind aufgewachsen, da ihre Mutter die Familie wegen eines Archivars verlassen hatte. Daher wusste sie, wie schwierig es war, in einer Scheidungsfamilie zu leben. Sie trug diese Bürde wie einen Rucksack durch ihr Dasein. So etwas wollte sie keinesfalls für ihre Tochter. Ihr Mann, Sohn eines Inders und einer Deutschen, glaubte das nicht so recht. „Ach, Nele, ich hätte mir gewünscht, dass sich meine Eltern hätten scheiden lassen. Es war so schlimm, dieser ständige Streit.“
So etwas erwiderte er, wenn ihn Nele auf die seelischen Schäden von Scheidungskindern aufmerksam machte. Er hielt eine Scheidung in „gewissen Fällen“ für eine gute Sache.
Jeder Aspekt der Trennung war für sich unerträglich, weshalb es in Nele aussah wie auf einem emotionalen Schlachtfeld. Alles war durcheinander, nichts war mehr, wie es sein sollte.
Insofern war sie fest entschlossen, ihren Mann zurückzuerobern. War sie ehrlich zu sich, lag es nicht daran, dass sie ihn in der Ehe so geliebt hatte. Nele und Amal hatten nicht zusammengepasst. Er war einerseits eine Bezugsperson für sie gewesen, ihr andererseits aber auch auf die Nerven gegangen. Oft hatte sie mit ihrer Ehe gehadert. Doch sie hatten nun mal eine Familie gegründet und mussten um ihres Kindes willen verantwortungsvoll beieinanderbleiben. So sah sie es.
Durch den Schock hatte sich Nele noch einmal neu in Amal verliebt. Sie sehnte sich nach den Zeiten zurück, als sie mit ihm in Indien, der Heimat seiner Vorfahren, gewesen war. Das Gefühl basierte vielleicht nur auf gekränkter Eitelkeit, aber es war da.
„Sei doch froh, dass du ihn los bist, den blöden Kerl“, sagte ihre Mutter stets. Nele sah es anders, all ihr Sehnen endete in dem Wunsch: „Ich will ihn zurück.“ Auch wenn es widersprüchlich war, hatte Nele gleichzeitig die dringende Absicht, sich abzulenken und ein Abenteuer mit einem anderen Mann einzugehen. Sie brauchte jemanden, der sie auf andere Gedanken brachte und ihr das zerstörte Selbstbewusstsein zurückgab.
Durch ein Buch wusste sie, dass solch irrationales, wechselhaftes Verhalten zur Trauerphase dazugehörte. „Manche Menschen erkennen sich in solch einer Zeit selbst nicht wieder“, schrieb die Autorin.
Genauso ging es Nele, die Ratgeber verschlang, von denen sie sich Trost und Heilung ihrer Krise erhoffte. Sei es der Titel „So gelingt Liebe“, seien es „Die fünf Stadien der Trennung“ und das Buch „Wie sich Verlassene neu orientieren“ oder ganz allgemein Literatur zur Stärkung des Selbstwertgefühls. Sehr hilfreich waren Titel, die sich mit dem Glück beschäftigten. Seit Nele diese Ratgeber las, schrieb sie Glückstagebuch, was ihr guttat.
Auch ein Buch mit Flirt-Tipps hatte sie in die Hände bekommen. Darin hatte sie gelesen, eine suchende Frau solle einfach mal probieren, allen möglichen Männern in die Augen zu schauen. In Supermärkten hatte sie es da und dort versucht, was mitunter gut ankam.
Im Grunde entsprach ein solches Verhalten in keiner Weise ihrem Typ, sie war eine empfindsame Frau. In jungen Jahren war sie sehr schüchtern gewesen und im Grunde immer noch introvertiert, was sie aber zu überspielen verstand.
3. Kapitel
Dass Nele nun in solch einer Situation war, war nur die Schuld ihrer ehemaligen guten Bekannten, der nunmehr „besten Freundin“ ihres Mannes! Rocky hatte Amal Mut zugeredet, sich zu trennen, indem sie von ihrer eigenen Kindheit berichtete. Wie sie ihm erzählte, habe sie es in Ordnung gefunden, ein Scheidungskind zu sein.
Mehrfach hatte Nele sie angefleht: Ihr den Mann zu lassen – dem Kind zuliebe.
„Ich will nichts von deinem Mann“, hatte Rocky zu ihr gesagt.
Manchmal ertappte sich Nele bei dem Gedanken, so „mächtig“ wie die angebliche „beste Freundin“ sein zu wollen. Ebenso kalt über das Schicksal einer anderen Frau zu richten. Nele gäbe genauso wenig nach wie Amals „beste Freundin“, sondern sie nähme den Mann und fühlte sich in seinen Augen begehrenswert. Sollte die andere Frau doch sehen, wo sie blieb. Es waren nur Phantasien, Hirngespinste, nicht ernstgemeint.
„Ich würde nie einer anderen Frau den Mann wegnehmen!“ Davon war Nele überzeugt.
Eine Affäre hingegen wäre etwas anderes – so etwas wollte sie gerne probieren und damit schadete man niemandem.
Zurück zur bevorstehenden Lesung in der städtischen Bibliothek. Nele und die freundliche Lindenburgerin öffneten die Tür des Gebäudes und gingen rasch die Stufen hoch in den Lesesaal. Und da stand er, der heimische Autor, der seit Kurzem von sich reden machte und öffentlich auftrat.
Wie Nele wusste, war er verheiratet und hatte vier Kinder. Sie bewunderte seine Familie, auch seine Frau Marthe, die bei der Lesung nicht da war. Sie war eine kühle, hart wirkende Frau, mit silbergrauem Pagenschnitt, blauer Brille, hohen Absätzen und Kostümen in Grau- und Blautönen.
Obwohl es sie gab, war Joseph Brinkmann für Nele der Mann ihres Lebens. Allerdings ahnte sie das damals noch nicht.
4. Kapitel
Stimmen surrten durch den Raum, in dem die Lesungsbesucher vor Beginn der Veranstaltung noch herumstanden.
„Hallo, Frau Damai, möchten Sie ein Glas Sekt? Sie können auch Orangensaft haben“, empfing sie die Bibliothekarin.
„Sehr nett, aber nein, danke“, lehnte Nele lächelnd ab und wandte sich Joseph Brinkmann zu.
Sie musste ihren Mut zusammennehmen, ihre Hände wurden feucht. Er sah gut aus, obwohl er sicherlich einige Jahre älter war als sie. Mitte 50 vielleicht. Schwarze Haare, weiß-grau meliert, umspielten sein Gesicht, die Augen schimmerten grün, so wie ihre. Er war groß und leicht übergewichtig, ein kräftiger Typ. Nele war klein, kurvig und mit einem üppigen Dekolleté gesegnet. Den meisten Männern gefiel das.
„Damai, guten Morgen“, sagte sie.
„Brinkmann, freut mich“, erwiderte er aufgeräumt.
„Ich komme für die Buchhandlung Saeng und möchte einen Blogbeitrag über Ihre Lesung schreiben.“
„Oh, das ist ja toll, das freut mich sehr. Darf ich einen Platz für Sie suchen, wie wäre es mit diesem hier? Haben Sie schon etwas zu trinken?“
„Der Platz ist super, danke schön. Etwas trinken möchte ich nicht.“
Sie riskierte einen vorsichtigen Blick in sein Gesicht, er lächelte sie gewinnend an. Schon immer war er nett zu ihr gewesen. Oberflächlich kannte sie ihn bereits Jahre durch gelegentliche Begegnungen im Bio-Markt oder in der Buchhandlung mit seiner kühlen, schlanken Frau Marthe, die als angestellte Rechtsanwältin in Teilzeit arbeitete. Sie hatte schon ein paarmal netten Small Talk mit ihm geführt, mehr nicht.
Nele hatte nicht direkt Angst davor, Annäherungsversuche zu unternehmen, doch sie war nach so vielen Jahren Ehe völlig aus der Übung. Nun aber stand sie massiv unter Druck, die Einschnitte in ihrem Leben waren so gravierend, dass sie den Flirt versuchen musste.
Sie probierte, Augenkontakt aufzunehmen, doch nun guckte er weg. Er war offenbar nervös und trat von einem Fuß auf den anderen. Gleich läse er aus seinem Werk. Nele beschloss, das Ende seiner sicher anspruchsvollen Prosa abzuwarten und es anschließend noch einmal zu versuchen.
Und das tat sie, als das spärliche Publikum nach und nach ins Bücherei-Café ging und sich die Szene etwas auflockerte.
Als er allein vor der Kulisse der Regale stand, schaute sie ihm fest in die Augen und lächelte ihn an. Zunächst guckte er nur ausdruckslos zurück, dann öffnete sich sein Mund leicht und erstaunt. Seine Augen weiteten sich und begannen zu glänzen, seine Mundwinkel hoben sich, er zeigte die Zähne und strahlte Nele an. Ihre Avancen gefielen ihm offensichtlich. Nele war geschmeichelt, dass ihr Flirtversuch bei ihm ankam. Gleichzeitig war sie überrascht, dass die Wirkung so durchschlagend war, denn er hatte ja eine Frau. Sekundenlang schauten sie einander an. Als sie sich verabschiedete, strich er ihr über den Rücken.
„Tschüs und ganz lieben Dank für Ihren Besuch. Ich habe mich sehr gefreut“, raunte er.
Sie hatte Chancen. Aber er war doch verheiratet. Waren Ehemänner wirklich so leicht rumzukriegen? Was war sie bisher naiv gewesen. Gut, dass er kein Langweiler war.
5. Kapitel
Es klirrte, als Nele Gläser und Teller auf ein Tablett stellte und zum Wohnzimmertisch trug. Dort dufteten bereits der indische Gewürztee und der Bienenstich, den sie frisch beim Bäcker gekauft hatte. An diesem Nachmittag erwartete sie den Besuch ihrer alten Schulfreundin Lisa, mit der sie in der letzten Zeit wieder etwas mehr Kontakt hatte. Lisa hatte eine kleine Tochter, die mit Sadhana spielen wollte. In ihrer gebeutelten Situation nahm Nele gern die Gelegenheit für Treffen wahr, daher hatte sie den Nachmittag freigehalten.
Sie saß gerade noch am Schreibtisch ihres Arbeitszimmers. Gedankenverloren sah sie durch das Fenster auf die Fachwerkhäuser, die sich an der gegenüberliegenden Straßenseite aneinanderreihten. Den Newsletter der Buchhandlung „Saeng Nachfolger“ musste sie noch versenden, bevor die Freundin eintraf.
Als Buchhändlerin war es sehr schwierig, gutes Geld zu verdienen, allemal mit einer Teilzeitstelle wie Nele sie hatte. Der Tarif orientierte sich am Einzelhandel und war niedrig, egal, wie erfolgreich ihr Newsletter oder ihr Blog waren. In Lindenburg, einer Stadt in Hessen, war das geringe Gehalt ein Problem, da die Mieten durch die Nähe zu Frankfurt sehr hoch waren. Nele hatte Glück, erst kürzlich in den Bereich des Marktplatzes gezogen zu sein – die Miete war nicht überteuert, aber fiel ins Gewicht. Gleich, wie genügsam sie war, sie musste regelmäßig aufpassen, nicht ins Minus zu rutschen. Nachts lag sie wach und grübelte. „Wenn die Waschmaschine kaputtgeht! Oder das Auto!“ Durch eBay-Verkäufe versuchte sie, ein kleines Polster zusammenzusparen, aber es war mühsam.
Vormittags stand Nele meistens im Geschäft, nachmittags bloggte sie für das Unternehmen. Vorgabe war, alle zwei Tage einen Titel aus dem Sortiment zu besprechen, wobei die Sparten wechselten. Seit neuestem sollte sie auch über heimische Autoren und Lesungen in Lindenburg berichten, wie nun über Joseph Brinkmann.
6. Kapitel
„Saeng’s Buchpost“ hieß Neles Blog. Die Arbeit daran konnte sie weitgehend von zu Hause erledigen. Das war sehr praktisch, denn so hatte sie ihre Tochter meistens im Blick.
Sadhana war knapp elf Jahre alt, ein zierliches Mädchen mit langen schwarzen Haaren und klein für ihr Alter. Sie war eine gute Schülerin, spielte gern mit ihrem Puppenhaus und hatte ansonsten nur ein einziges Hobby: Lesen. Eines Tages wollte sie in Neles Fußstapfen treten und ebenfalls Buchhändlerin werden. Nele brachte ihr regelmäßig Rezensionsexemplare aus der Kinderbuchabteilung mit, die Sadhana regelrecht verschlang. Auch jetzt steckte sie die Nase in ein Buch.
„Wann kommen die denn, Mama?“, rief sie.
„Eigentlich müssten sie schon da sein“, antwortete Nele, als es auch schon klingelte.
„Hallo, Lisa, hallo, Liv! Liv, geh ruhig schon mal zu Sadhana ins Zimmer. Du, Lisa, ich bin noch nicht ganz fertig mit meinem Text. Ein paar Minuten brauche ich noch“, begrüßte sie den Besuch.
Während sie die letzten Schritte ausführte, um den kleinen Bericht über Joseph Brinkmanns Veranstaltung zu verschicken, erzählte sie ihrer Freundin Lisa von ihrem überraschenden Erlebnis.
„Stell dir mal vor, ich war heute bei einer Lesung. Und weißt du, was ich gemacht habe? Ich habe mal versucht, dem Autor in die Augen zu schauen, um zu testen, ob ich so was noch kann“, kicherte sie.
Lisa lächelte. „Und?“
„Ich dachte, das gibt’s doch nicht. Der schaute zurück und schaute und schaute und hörte gar nicht mehr auf. Dann hat er mich sogar berührt.“
„Wie spannend. Siehst du Nele, du musst gar nicht so traurig wegen deiner Scheidung sein. Es geht im Leben immer weiter.“
„Der Kracher ist ja, der Typ ist verheiratet.“
„Wie bitte?“
„Ja. Ehrlich gesagt hätte ich nicht gedacht, dass sich verheiratete Männer so verhalten. Ich glaube, ich war bisher sehr naiv.“
„Ha, ha, ha. Das ist wirklich heftig. Aber es ist doch schön, dass du Aussichten hast.“
Das fand Nele auch. Weiter beschäftigte sie sich aber nicht mit Gedanken an den gutaussehenden Joseph. Bis er sie anrief. Zwei Tage später.
„Damai“, meldete sie sich.
„Brinkmann, hier. Geht’s dir gut? Oder Ihnen? Ich weiß gerade gar nicht, sind wir nicht eigentlich per du?“ Was für ein Tempo, Nele war perplex.
„Kein Problem, gerne.“
„Freut mich, ich bin der Joseph. Du, Nele, ich habe eine Idee.“ Ihr Herz schlug schneller.
Er fragte, ob sie das Literaturfestival seines Schreibvereins besuchen wolle, einer Vereinigung heimischer Autoren. Mann, ging der ran!
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