Hello, my Dear!

Zum Geburtstag

Heute ist der Geburtstag meiner lieben Freundin Ursula, über die ich hier schreiben möchte. Wir sind schon sehr lange befreundet, was mit der Gründung des Autorenclubs Wetterau begann. Auch wenn sie heute nicht mehr Mitglied ist, ist die Geschichte dieser Vereinigung für mich untrennbar mit ihr verbunden. 

 

1999 wollte ich einen Autorenclub gründen. Ich hatte eine Annonce in der örtlichen Presse aufgegeben mit dem Hinweis, als Hobbyautorin Gleichgesinnte zu suchen. Es ging einiges an Briefen ein, auch ein Schreiben von Ursula, in dem sie sich als 63-jährige Autorin bezeichnete, die gern heitere Geschichten verfasst und einen Golf fährt. Von sämtlichen Interessenten fand ich sie am spannendsten.

 

Wir trafen uns alle zum ersten Mal im Café Romantik, heute das Restaurant Tafelspitz & Söhne in der Trinkkuranlage. An einem großen Tisch beschnupperten wir uns; es waren Michael, Anne, Liane, Rita und einige andere schriftstellerisch Ambitionierte da, auch Ursulas Nachbarin Frau Fritz. Ich erinnere mich noch an die Schilderungen von Frau Fritz, die in jungen Jahren Fotomodell gewesen sei und täglich einen Film im Fernsehen schaue, um den Aufbau einer Geschichte zu verinnerlichen. Rita blieb in dem Café nicht lange dabei, sie ging vor Ablauf der Zeit und sagte, sie überlege es sich. Sie hatte schon Bücher herausgegeben, Gedichtbände, die sie im eigenen Verlag herausbrachte und gut verkaufte. Wir dagegen träumten noch von einer Buchveröffentlichung. Ursula hatte den Roman „Hurdy Gurdy“ in der Schublade liegen, Anne eine Familien-Saga, ich den Krimi „Die Blümelein, sie schlafen“. Und Michael hatte eine erotische Geschichte im Gepäck. Als schlagkräftige Truppe hofften wir auf den Durchbruch als Bestsellerautoren – nicht weniger war unser Ziel. 

 

Denn eigentlich bräuchten wir bloß ein paar Tipps von den gleichgesinnten Kollegen, die einem hier und da auf die Sprünge helfen. So dachten wir. Verbesserung des Schreibens war das Ziel, was wir durch gegenseitiges Feedback erzielen wollten. Die Gründung des Autorenclubs war ein Abenteuer, sehr inspirierend für uns alle. Wir bekamen die „Weinklause“ des ehemaligen Kurhauses zur Verfügung gestellt, einmal im Monat. Damals gehörte das Gebäude noch zum Hessischen Staatsbad, Miete fiel nicht an, denn wir konsumierten ja. Meistens ein alkoholisches Getränk, weil es so aufregend war.

Ursula und ihr Bekannter Dieter, den sie nach einigen Treffen mitgebracht hatte, übernahmen bald das Ruder. Der Club wuchs, es kamen neue Leute hinzu, die sich einer Aufnahmeprozedur unterziehen mussten. Die Chemie musste stimmen, sie mussten schreiben können. Zunächst schafften es nur wenige Neue, sich zu etablieren: Waltraud, Regina und Wilhelm.

 

Irgendwann mussten wir aus der „Weinklause“ ausziehen, weil das Kurhaus verkauft und eine hohe Miete fällig wurde. Wir tingelten von Lokal zu Lokal, wurden nirgends heimisch. Mal ärgerte sich der Wirt, weil wir nur Getränke und keine Gerichte bestellten. Mal sagten die Wirte wegen anderer Veranstaltungen ab, mal schloss ein Lokal für immer. Und oft war es zu laut. Private Treffen waren bei einigen Teilnehmern nicht beliebt, obwohl einzelne Mitglieder gerne einluden. 

Ursula hat sich aus dem Clubgeschehen in einer Phase verabschiedet, als wir meistens im Restaurant Sprudelhof tagten, das nicht mehr besteht. Zehn Jahre dürfte es her sein. Wir hatten damals ein Mitglied bekommen, das etwas sehr dominant auftrat, wodurch wir einige gute Leute verloren. Ja, es ist wichtig, dass die Chemie stimmt.

 

Ursula und ich haben unsere Freundschaft trotzdem aufrechterhalten, insbesondere durch das tägliche Schreiben von E-Mails, die oft mit „Hello, my dear“ beginnen. 

 

Hätte man unsere Nachrichten gesammelt, wäre sicherlich ein ganzes Buch daraus entstanden. Auch auf Facebook gibt es einen Austausch, beispielsweise in unserer geheimen Gruppe „U.’s und P.’s gepflegte Konversation“. 

 

Ich finde es schön, dass unsere Freundschaft so lange gehalten hat, sie ist innig. Ich kann ihr alles anvertrauen und sie steht mit Rat und Tat zur Seite. Ich erinnere mich an lange Telefonate, wenn es mir mal nicht gut ging, und umgekehrt. Wir teilen Freud und Leid.

 

Es gab auch eine Zeit, in der wir ab und zu essen gingen, in der Regel war Gertrud dabei. Auch das waren schöne Erlebnisse, meistens im China-Restaurant Jade. Ich musste mir die ein, zwei Stunden oft stehlen, weil ich soviel für die Wetterauer Zeitung zu schreiben hatte.

 

Einige Enttäuschungen mit sogenannten guten Freunden hatte Ursula, beispielsweise wurde ihr Hurdy-Gurdy-Thema durch eine ehemals nahe stehende Person einfach abgekupfert. Man kann daran sehen, dass Schriftsteller mitunter eine spezielle Sorte Mensch sind. Neben der Kreativität, den gemeinsamen Interessen und anregenden Gesprächen kommen immer wieder Empfindlichkeit, Futterneid und beleidigte Eitelkeiten zum Tragen. Umso wichtiger ist es, auf die positiven Seiten des Daseins zu achten. So hält es Ursula, unter anderem eben mit dem Schreiben, das oft satirisch ist.  

Im Leben hat man einige sehr gute Freunde, Ursula ist meine beste Freundin seit 19 Jahren. Sie gehört schon fast zur Familie, hat sich auch mit meiner Mutter befreundet. Ich freue mich, heute Geburtstag mit ihr, ihrer charmanten Enkelin Billie-Jean und anderen lieben Menschen zu feiern: In der angenehmen Atmosphäre des „Ducky‘s“ lassen wir es uns gut gehen.